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       # taz.de -- Abschiebestopp? Egal!: Abschiebung nach Griechenland
       
       > Das Bundesamt für Flüchtlinge will einen Syrer nach Griechenland schicken
       > – dabei besteht ein Abschiebestopp dorthin, weil Refugees unmenschliche
       > Behandlung droht
       
   IMG Bild: Nicht zumutbar laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte: Wie Flüchtlinge in Athen leben
       
       Hamburg taz | Ein syrischer Asylbewerber soll von Niedersachsen nach
       Griechenland zurückgeschickt werden – obwohl es einen Abschiebestopp für
       Griechenland gibt. Der Mann hatte in Griechenland Asyl bekommen, war aber
       zusammen mit seinem Sohn nach Deutschland weitergereist und hatte dort
       erneut einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde abgelehnt – jetzt soll er
       ausreisen, wie es in einem Bescheid des Bundesamts für Migration und
       Flüchtlinge (Bamf) vom 29. August steht.
       
       „Das ist ein verblüffender Fall“, sagt Kai Weber, Geschäftsführer des
       Niedersächsischen Flüchtlingsrats. Denn Asylsuchende würden von Deutschland
       grundsätzlich nicht an Griechenland überstellt. „Bisher hieß es immer, in
       Griechenland gibt es keine menschenwürdigen Bedingungen für Flüchtlinge“,
       sagt er.
       
       Daran haben auch Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière am
       Wochenende nichts geändert. Der CDU-Politiker hatte der Welt am Sonntag
       gesagt, es sei innerhalb der EU viel unternommen worden, um die Lage der
       Flüchtlinge in Griechenland zu verbessern. Dies müsse zur Folge haben, dass
       gemäß der Dublin-Verordnung auch wieder Flüchtlinge in das Land
       zurückgeschickt werden könnten. Voraussetzung sei eine gemeinsame
       europäische Haltung, sagte de Maizière: „Wenn wir alleine voranpreschen,
       besteht die Gefahr, dass Verwaltungsgerichte das Rückführen schon nach
       kürzester Zeit untersagen.“
       
       Die sogenannten Dublin-Regeln sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag
       grundsätzlich in dem Land stellen müssen, in dem sie zuerst europäischen
       Boden betreten. Wegen Mängeln im griechischen Asylsystem hatte Deutschland
       Abschiebungen nach Griechenland jedoch schon 2011 ausgesetzt. Grundlage
       dafür war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der
       eine Abschiebung untersagte, für den Fall, „dass der Asylbewerber Gefahr
       läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu
       werden“.
       
       Letzteres droht zwar auch dem Syrer aus dem aktuellen Abschiebefall. Wobei
       für diesen jedoch nicht die Regeln des Dublin-Abkommens gelten, weil sein
       Asylverfahren ja bereits in Griechenland positiv beschieden wurde. Unter
       diesen Umständen greife europäisches Recht, sagt Kai Weber vom
       Flüchtlingsrat: Eine Person mit befristetem Aufenthaltstitel genieße keine
       Freizügigkeit in der EU. Er habe jedoch noch nicht erlebt, dass ein
       anerkannter Asylbewerber nach Griechenland zurück geschickt werden sollte.
       
       Ein neues Asylverfahren in Deutschland wäre unzulässig, argumentiert das
       Bamf, „weil dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat
       internationaler Schutz zuerkannt worden ist“. Auch habe er keinen Anspruch,
       in Deutschland vor einer Abschiebung nach Syrien geschützt zu werden, denn
       dieser Schutz sei ihm ja schon von Griechenland gewährt worden.
       
       „Die betrachten Griechenland als sicheren Drittstaat, ohne sich damit zu
       befassen, wie die Situation da ist“, kritisiert Sven Sommerfeldt, der
       Bremer Anwalt des Syrers. Im Bamf-Bescheid steht, sein Mandant habe geltend
       gemacht, „dass er die Lebensverhältnisse in Griechenland als zu schwierig
       empfände und sein Sohn dort eine schlechte Schulbildung erhielte“. Auch
       seien die Arbeitsmöglichkeiten schlecht. Sommerfeldt fügt hinzu, dass der
       2008 geborene Sohn in medizinischer Behandlung sei.
       
       Griechenland sei jetzt schon stark belastet durch die vielen Flüchtlinge,
       die meist in Camps hausten, gibt der Flüchtlingsrat zu bedenken. Dort gebe
       es keine soziale Versorgung und anders als den Einheimischen hätten
       Geflüchtete kein privates soziales Netz. „Wer keine Familie hat, ist
       aufgeschmissen“, sagt Weber.
       
       De Maizières Vorhaben, Flüchtlinge wieder nach Griechenland
       zurückzuschicken, stieß vielfach auf Kritik. Schleswig-Holsteins
       Flüchtlingsbeauftragter Stefan Schmidt, der sich kürzlich auf der
       griechischen Insel Lesbos informiert hatte, lehnt es ab. Die
       Flüchtlingsorganisation Pro Asyl nannte den Plan unverantwortlich.
       
       6 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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