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       # taz.de -- CDU und Burkaverbot: Heißer als der Doppelpass
       
       > Für viele CDUler ist der Schleier ein Symbol für einen repressiven Islam.
       > Und ein willkommenes Thema zur Mobilisierung konservativer Wähler.
       
   IMG Bild: Versteckt sich hier ein CDU-Innenpolitiker?
       
       Berlin taz | Jens Spahn ist ein kleines Schrittchen vorangekommen. Der
       36-jährige CDU-Politiker ist nicht nur Finanzstaatssekretär und Mitglied im
       wichtigen Parteipräsidium, sondern auch ein glühender Verfechter des
       Burka-Verbots. „Burka und Niqab gehen gar nicht“, findet Spahn. „Sie haben
       nichts mit Religion, aber viel mit einem absurden Frauenbild zu tun.“
       Vollverschleierung habe in einem offenen Land nichts zu suchen.
       
       Die Burka hat in Deutschland nichts zu suchen? Ganz so, wie Spahn es will,
       wird es nicht kommen. Aber ein bisschen weniger Burka – darauf könnte es
       dieses Mal in der Tat hinauslaufen. Seit Tagen diskutiert die CDU, ob und
       wie sie das Kleidungsstück verbieten kann, das Frauen komplett verschleiert
       und selbst die Augen hinter einem feinen Stoffgitter versteckt. Für Spahn –
       und viele andere CDUler – ist die Burka ein Symbol für einen repressiven
       Islam, der Frauen unterdrückt. Und, ganz nebenbei, ein willkommenes
       Mobilisierungsthema für konservative Wähler, weil eine Burka-Trägerin in
       deutschen Städten bei vielen Unbehagen weckt.
       
       Spätestens seit Montag gewinnt die Debatte an Fahrt: Die CDU-Gremien
       tagten, und eine Mehrheit im Vorstand sprach sich dafür aus, ernsthaft
       Verbotsmöglichkeiten in Deutschland zu prüfen. „In der CDU sind wir uns
       einig: Vollverschleierung ist das Gegenteil von Integration“, sagte
       CDU-Generalsekretär Peter Tauber danach. „Wir lehnen sie ab.“ Das ist erst
       mal nicht neu. Ein CDU-Parteitag hat schon im Dezember 2015 beschlossen,
       die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit abzulehnen. Ein Burka-Verbot
       enthielt der Beschluss jedoch nicht.
       
       Doch jetzt unterstützt die CDU-Spitze einen Anlauf für eng begrenzte
       Miniverbote. Die Unions-Innenminister der Bundesländer sollten
       „verschiedene Bereiche prüfen, in denen eventuell eine Regelung getroffen
       werden kann“, sagte Tauber. Er verwies auf die Einschätzung von
       Verfassungsjuristen, dass ein Verbot teilweise auf Länderebene, teilweise
       auf Bundesebene geregelt werden könne.
       
       ## Eine klassische Kompromisssuche
       
       Das ist ein anderer Sound als noch in der vergangenen Woche. Da wurde eine
       „Berliner Erklärung“ ebenjener Unions-Innenminister öffentlich. Sie war als
       politische Antwort auf die Anschläge in Ansbach und Würzburg gedacht und
       forderte das Verbot neben einer Reihe anderer Maßnahmen. Kurz darauf sprach
       sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dagegen aus.
       
       Gleichzeitig kassierte die CDU-Spitze am Montag die Forderung ihrer
       Landesinnenminister, die doppelte Staatsbürgerschaft abzuschaffen. Was
       jetzt zu besichtigen ist, ist also auch eine klassische Kompromisssuche.
       Weil die CDU-Spitze aus guten Gründen am Doppelpass nicht rütteln will,
       geht sie beim Burka-Verbot, einem symbolträchtigen Thema, das nur wenige
       Menschen betrifft, auf die Befürworter zu.
       
       Dies ist auch ein Zugeständnis an die wahlkämpfenden CDU-Landesverbände in
       Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, wo die Spitzenkandidaten Lorenz Caffier
       und Frank Henkel gegen SPD-Regierungschefs antreten. Beide haben sich klar
       für das Verbot positioniert. „Die Burka ist integrationsfeindlich und
       gehört für mich nicht zu Deutschland“, sagt etwa Berlins Innensenator
       Henkel.
       
       Caffier sekundiert: „Die Vollverschleierung gehört nicht in unseren
       Kulturkreis und fördert auch nicht die Integration, sondern das Entstehen
       von Parallelgesellschaften in Deutschland. Die aus Parallelgesellschaften
       entstehenden Konflikte sind eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.“ Am
       Donnerstag und Freitag wollen die Unions-Innenminister ihre Vorschläge auf
       einer Konferenz in Berlin endgültig festzurren.
       
       Bemerkenswert ist, wie kleinteilig die Debatte in der CDU inzwischen
       geführt wird. Denn so einfach, wie es klingt, ist ein Verbot keineswegs.
       Eine Muslimin, die die Burka trägt, hat das Grundrecht auf die „freie
       Entfaltung“ ihrer Persönlichkeit, so steht es im Grundgesetz. Außerdem ist
       sie durch Religionsfreiheit geschützt. Allerdings gibt es Juristen, die ein
       Verbot trotzdem für verfassungskonform halten.
       
       ## Verschiedene Rechtseinschätzungen
       
       Die Befürworter in der CDU berufen sich zum Beispiel auf den Mainzer
       Rechtswissenschaftler Friedhelm Hufen. Ein sorgfältig begründetes Verbot
       der Vollverschleierung könne auch einer „kritischen Würdigung“ durch das
       Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für
       Menschenrechte standhalten, argumentiert Hufen in einem Thesenpapier, das
       der taz vorliegt. Die Vollverschleierung wertet er als „Ausdruck eines
       fundamentalistischen Islam“, sie bedeute „eine extremistische Absage an
       westliche Verfassungswerte“.
       
       Eine gesetzliche Grundlage für ein Verbot sei in mehreren Bereichen schon
       vorhanden, schreibt Hufen weiter. Der Staatsrechtsprofessor verweist etwa
       auf Schulgesetze, nach denen Burka-Trägerinnen vom Unterricht
       ausgeschlossen werden könnten. Sie könnten im öffentlichen Dienst
       disziplinarrechtlich verfolgt werden. Und: „Das Straßenverkehrsrecht
       verlangt die Erkennbarkeit von Verkehrsteilnehmern und ein
       uneingeschränktes Gesichtsfeld.“ Es ginge bei Gesetzesänderungen also nicht
       um die Unterdrückung der Frau, sondern zum Beispiel darum, dass ein
       Polizist eine Autofahrerin bei einer Kontrolle identifizieren können muss.
       
       Ob die Innenminister die Sache bei der Konferenz am Donnerstag zur
       Zufriedenheit aller in der CDU lösen, ist offen. Diejenigen CDUler, die für
       das Verbot werben, wollen sich jedenfalls mit kleinteiligem Stückwerk nicht
       zufrieden geben. Aus ihren Reihen kommt eine handfeste Drohung: „Wenn der
       Vorschlag der Innenminister die Erwartungen nicht erfüllt, wird es einen
       deutlich formulierten Antrag auf dem kommenden Parteitag geben.“ Es
       scheint, als habe die CDU ein Wahlkampfthema gefunden.
       
       17 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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