URI:
       # taz.de -- Kommentar Integrationsgesetz: Konjunkturprogramm für die AfD
       
       > Flüchtlinge zu Billiglöhnen arbeiten zu lassen, wäre fatal. Regulär
       > bezahlte Jobs würden ersetzt. Freuen dürften sich Rechtspopulisten.
       
   IMG Bild: Flüchtling an der Essensausgabe der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im März 2016
       
       Am Donnerstag stellte die Stiftung Mercator eine neue Studie vor. In ihrem
       Auftrag hatten Sozialwissenschaftler die Deutschen befragt, ob ihnen noch
       wohl ist, mit all den Flüchtlingen im Land. Das Ergebnis: Ist es nicht.
       Jedenfalls vielen nicht. Die so genannte Willkommenskultur, sie erodiert,
       [1][hatten die Forscher herausgefunden].
       
       Dagegen ließe sich einiges tun. Der sicherste Weg aber, die verbleibende
       Offenherzigkeit der Normaldeutschen gegenüber Flüchtlingen in Richtung
       Nullpunkt zu drücken ist: Die Ankommenden zu Billigarbeitskräften machen.
       
       Es ist das älteste, am meisten verbreitete Argument gegen Einwanderung:
       MigrantInnen nehmen denen, die schon hier sind, die Jobs weg, weil sie
       bereit sind, für weniger zu arbeiten. Und die, die danach noch Arbeit
       haben, verdienen weniger, weil die vielen billigen Arbeitskräfte die Löhne
       insgesamt drücken.
       
       Es war deshalb ein Segen, dass der Mindestlohn verabschiedet wurde, bevor
       im letzten Jahr hunderttausende Asylsuchende nach Deutschland kamen. Die
       Verteilungskämpfe im Niedriglohnsektor sind auch so hart genug. Die
       Lohnuntergrenze war Schutz gegen einen ruinösen Unterbietungswettbewerb,
       der nicht nur die Löhne, sondern wohl auch die lange vergleichsweise
       freundliche Stimmung im Land herunterzuziehen vermag.
       
       Mit ihrem so genannten [2][Integrationsgesetz tut die Bundesregierung jetzt
       ihr Bestes], dies nachzuholen. Was sie als „ersten Schritt in den
       Arbeitsmarkt“ verkauft, ist tatsächlich ein erster Schritt für einen
       separaten Billigarbeitsmarkt für Flüchtlinge. Und damit ein
       Konjunkturprogramm für die AfD.
       
       Die Wirtschaft macht die Sache nicht besser. Als im letzten Jahr alle „Wir
       schaffen das“ versicherten, wollte sie nicht abseits stehen. Es gab neue
       Selbstverpflichtungen und „Beschäftigungspakte“ im Tagesrhythmus. Nun
       stellt sich heraus: Außer ein paar Praktika ist dabei offensichtlich kaum
       etwas herausgekommen. Ganze 54 Flüchtlinge haben die 30 größten deutschen
       Konzerne bislang eingestellt. Stattdessen haben sie schon sehr früh nach
       Mindestlohnausnahmen verlangt, die sie zum Glück nicht bekommen haben.
       
       Die jetzt beschlossenen staatlichen Billigjobs sind erstmal nur für
       Tätigkeiten in den Asyl-Heimen selbst gedacht. Doch die Erfahrung mit den
       Hartz-Reformen hat gezeigt, dass die massenhafte Verfügbarkeit solcher
       Ultrabillig-Arbeitskräfte immer auf Kosten regulär bezahlter Tätigkeiten
       geht. Die Unternehmen wissen dies für sich auszunutzen. Und jene, die von
       Flüchtlingen nur als „Invasoren“ sprechen, auch.
       
       8 Jul 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.stiftung-mercator.de/de/presse/mitteilungen/nachrichten/zwischen-willkommenskultur-und-rueckkehrwuenschen-zu-alten-vorrechten-der-integrationswille-der-deu/
   DIR [2] /Integrationsgesetz-beschlossen/!5320396
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
   DIR Integrationsgesetz
   DIR Integration
   DIR Mindestlohn
   DIR Billiglohn
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Integrationsgesetz
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Geflüchtete
   DIR Integration
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Job-Profiling für Flüchtlinge: Den Beruf gibt es hier nicht
       
       Ein Syrer, der viele Handwerke beherrscht, dies aber nicht belegen kann:
       Wie kann man das in die Sprache deutscher Jobcenter übersetzen?
       
   DIR Nach der Messerattacke in Reutlingen: Immer auf die Kleinen
       
       Im Namen des AfD-Kreisverbandes Reutlingen wurde ein rassistischer Tweet
       versendet – zur Verantwortung gezogen wurde ein Praktikant. Klar.
       
   DIR Ökonom über demografische Entwicklung: „Deutschland muss sich neu erfinden“
       
       Die Flüchtlinge werden unsere Gesellschaft kaum verändern, meint Thomas
       Straubhaar. Eine schrumpfende Gesellschaft sei auch eine Chance.
       
   DIR Schnelle Arbeit für Flüchtlinge: Mit McMenü in die Arbeitswelt
       
       Großunternehmen bieten Flüchtlingen keine Perspektive. Fastfood-Ketten und
       Versandhändler haben dagegen großen Bedarf.
       
   DIR Verfassungsschutz will AfD überwachen: Einzelne werden schon beobachtet
       
       Der Verfassungsschutz schaut sich schon jetzt einzelne Politiker der AfD
       genauer an. Nun prüfen die Ämter, ob die Partei selbst demokratiefeindlich
       ist.
       
   DIR Integrationsgesetz beschlossen: Kontroverses Flüchtlingspaket
       
       Arbeitsplatzmaßnahmen, Integrationskurse, Vorschriften zur Wohnungswahl:
       Das Integrationskonzept ist vielschichtig. Die Länder bekommen 7 Milliarden
       Euro.
       
   DIR Kommentar geplantes Integrationsgesetz: Deutschkurs = Integration = Job?
       
       Innenminister de Maizière plant ein Gesetz, das Integrationsverweigerer
       härter sanktioniert. Dabei lässt er wichtige Fragen ungeklärt.
       
   DIR „Euro-Memorandum 2016“: Wirtschaft begrüßt Flüchtlinge
       
       320 Wirtschaftswissenschaftler erwarten durch die Flüchtlinge positive
       Effekte auf die EU-Volkswirtschaften. Doch es gebe auch ein Problem.
       
   DIR Arbeitsintegration von Geflüchteten: Runter mit den Erwartungen!
       
       Wer die Arbeitsintegration von Flüchtlingen beurteilen will, muss ihre
       subjektive Anpassungsleistung sehen – und die ist oft enorm.