URI:
       # taz.de -- Porträt: Stehaufmann der Bundesliga
       
   IMG Bild: Zuletzt mit Pfiffen verabschiedet: Michael Frontzeck 
       
       Seine Frotzeleien sind erstklassig. Michael Frontzeck sitzt der Schalk im
       Nacken, wenn er darüber referiert, wie es um Hannover 96 steht. „In dieser
       Stadt ist ja immer etwas los“, sagt Hannovers Trainer dann. Wenn der
       51-Jährige sich und die Tücken des bezahlten Fußballs nicht ganz so ernst
       nimmt, klingt das immer lustig. Dumm nur: In Hannover ist gerade wirklich
       etwas los. Der Widerstand gegen Frontzeck und die dürftigen Auftritte
       seiner Mannschaft wird immer größer. Nach der 1:3-Heimniederlage gegen
       Hertha BSC Berlin wurden Frontzeck und Co. mit Pfiffen aus dem eigenen
       Stadion verabschiedet.
       
       Der Absturz eines Vereins, der mal europäisch erfolgreich war und jetzt
       wieder im Abstiegskampf steckt, ist nicht lustig. Aus dem Retter Frontzeck,
       der Hannover auf der Zielgeraden der vergangenen Saison noch vor dem
       Abstieg bewahren konnte, ist innerhalb kürzester Zeit ein Trainer auf Abruf
       geworden. Die Sehnsucht der Fans nach einer Zeit, als Hannover 96 noch Spaß
       gemacht hat, überlagert die Freude an Frontzeck.
       
       Seine Arbeit bleibt mit Risiken behaftet, die er sich selbst eingehandelt
       hat. Als sich kurz vor der Saison abzeichnete, dass zu wenig kreative
       Profis im Kader sein werden, lehnte Frontzeck Verstärkungen ab. Er wollte
       einen Umbruch wagen und den Verein vor übereilten Personalentscheidungen
       bewahren. Das klang nett und selbstlos. Ein paar Wochen später zeigt sich,
       dass da auch ein gehöriger Schuss Naivität im Spiel war. Abgesehen vom
       Japaner Hiroshi Kiyotake und dem Senegalesen Salif Sané ist unter den
       Feldspielern kein Könner in Sicht, der Hoffnung beschert.
       
       Von einem Umbruch redet Frontzeck meist dann, wenn er erklärt, was er zu
       vollbringen versucht. Er verlangt nach Zeit für die Arbeit mit einer
       Mannschaft, die zum kleinen Teil von ihm und zum großen Teil vom bereits
       abgetretenen Sportdirektor Dirk Dufner zusammengestellt wurde.
       
       Mit Geschäftsführer Martin Bader und Christian Möckel als sportlichem
       Leiter gibt es nun neue Männer, die im Auftrag von Vereinspräsident Martin
       Kind darüber befinden, wie es mit Hannover 96 weitergehen soll. Sie haben
       angekündigt, in der Winterpause frisches Personal einzustellen. Das hatte
       Frontzeck im Sommer noch dankend abgelehnt. Sie werden sich auch mit der
       Frage auseinandersetzen müssen, ob der aktuelle Trainer auf lange Sicht
       wirklich der richtige ist.
       
       Frontzeck, der als Stehaufmännchen gilt, hat das Glück, dass
       Überraschungserfolge seines Teams ihn bisher im Amt halten. Aber von Lob
       dafür, dass er für kluge Spielideen und Partien mit hohem Spaßfaktor
       verantwortlich ist, ist er in Hannover weit entfernt. OTO
       
       9 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Otto
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA