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       # taz.de -- Kolumne The Final Countdown: Noch 8 Tage bis zur Griechen-Pleite
       
       > Am 5. Juni ist Athen bankrott. Schon mal gelesen, nur mit anderem Datum?
       > Das könnte sich bis zum Jahr 2054 so hinziehen.
       
   IMG Bild: Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis (links) und Ministerpräsident Alexis Tsipras waren zumindest am 27. Mai bei Verhandlungen in Athen gut druff.
       
       Brüssel ist wieder im Griechenland-Fieber. Nachdem die seit Wochen
       angekündigte und von der deutschen Presse freudig herbei geschriebene
       griechische Pleite weder zu Ostern noch zu Pfingsten eingetreten ist,
       richten sich alle Erwartungen nun auf den 5. Juni.
       
       An diesem Tag muss Finanzminister Gianis Varoufakis – der mit dem
       Stinkefinger – 305.959.572 Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF)
       in Washington zurückzahlen. Das Geld hat er nicht. Schon die letzte
       Überweisung an den IWF klappte nur durch einen raffinierten
       Umbuchungs-Trick.
       
       Der Countdown läuft, in acht Tagen ist Schluss, frohlocken die
       Griechen-Basher. Davon gibt es eine ganze Menge. Neben unserem Kassenwart
       Wolfgang Schäuble, der schon seit Wochen vor einem „plötzlichen, völlig
       unerwarteten“ Ende warnt, auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann und
       Euro-Retter Klaus Regling.
       
       Dabei sollten die deutschen Herren des Geldes doch am besten wissen, wie
       der griechische Schuldenkalender aussieht. Erst am 30. Juni läuft die mit
       der Eurogruppe vereinbarte Frist für eine Einigung ab. Statt zehn bleiben
       also noch rund 35 Tage.
       
       ## Nur noch 14216 Tage
       
       Und erst am 28. April 2054 ist die letzte Rückzahlung an den
       Euro-Rettungsfonds vorgesehen. Genau 6,3 Milliarden Euro muss Athen an
       diesem Tag an den EFSF überweisen. Bis dahin bleiben noch schlappe 14.216
       Tage – der letzte Countdown dauert noch eine Weile. Vielmehr dürfte es,
       wenn Griechenland bis dahin noch Mitglied der Eurozone ist, noch manche
       Zitterpartie geben. Und viele „überraschende“ Wendungen, bei denen Geld,
       von dem niemand wusste, dass es es überhaupt existiert, aus einer heimlich
       zugenähten Tasche gezaubert wird.
       
       Wie dies auch jetzt wieder gehen könnte, hat gerade ein hochrangiger
       Vertreter der Euro-Zone ausgeplaudert. Die Regierung in Athen könne einfach
       alle Rechnungen für den IWF im Juni zusammennehmen und erst Ende des Monats
       begleichen, so der Experten-Tipp.
       
       Sie haben kein Geld? Zahlen Sie einfach später. Diesen Trick kennen wir
       doch auch aus dem wirklichen Leben.
       
       Es gibt noch viele andere kreative Lösungen. So könnten die Kreditgeber
       eine Art Vorschuss zahlen und die Verhandlungen kurzerhand bis in den
       Herbst verlängern. Dann wäre der IWF ruhig gestellt, die Deadline
       verschoben und der Countdown könnte von Neuem beginnen.
       
       Noch einfacher wäre es natürlich, Griechenland endlich die 7,2 Milliarden
       Euro, das ist die letzte Tranche aus dem immer noch laufenden
       Hilfsprogramm, auszuzahlen, die schon seit Februar fest versprochen sind –
       und so dem ganzen Spuk ein Happy End zu bereiten. Denn eigentlich wäre ein
       griechischer Staatsbankrott nicht, wie Schäuble suggeriert, völlig
       unerwartet.
       
       ## Der irre Kreditkreisel
       
       Sondern eine politische Entscheidung: Die nun zurückgehaltenen Hilfskredite
       des IWF würden sofort an eben diesen Kreditgeber zurückfließen, weil er
       zugleich Gläubiger ist – wie auch die Europäische Zentralbank und der
       Euro-Rettungsfonds und damit die EU-Mitgliedsstaaten. Falls sich dieser
       Kreditkreisel nicht dreht, müsste sich Griechenland de jure für
       zahlungsunfähig erklären.
       
       Das Pleite-Theater ist also eine Inszenierung, um Griechenland zu
       „Reformen“ zu bewegen. Das Ende würde Schäuble & Co. das ultimative
       Druckmittel entziehen – die Drohung mit dem Grexit. Also muss der Countdown
       weitergehen. Und wenn er nicht die gewünschte Wirkung erzielt, wird er eben
       verlängert – bis zum Finale im Jahr 2054.
       
       28 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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